Retail mimt den Zweckoptimisten

Gemäss den Marktforschern von GfK und IDC wird es in der Schweiz mit den CE-Umsätzen in vielen Produktkategorien bergab gehen. Während sich kleine Händler in einem ziemlich schwierigen Jahr wähnen, gibt sich der Retail optimistisch. Alle Player sprechen von Marktanteilsgewinnen, räumen aber ein, dass es schon bessere Zeiten für sie gab.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2009/08

     

Die CE-Umsätze sind im vergangenen Jahr weniger gewachsen als 2007. Das ergab zum einen eine Umfrage von IT Reseller unter Schweizer CE-Fachhändlern Anfang dieses Jahres (wir berichteten). Zum anderen sprechen die Zahlen und Prognosen von Marktforscher GfK Switzerland eine deutliche Sprache: Umsatzschwund gab es 2008 in fast allen Geräte-Kategorien.

Gesamthaft ging der Umsatz im Consumer-Electronics-Markt 2008 um 4 Prozent gegenüber 2007 zurück. Erstmals sind laut GfK von 2007 auf 2008 aber nicht nur die Umsätze aufgrund immer weiter schrumpfender Preise gesunken, sondern auch der Absatz nach Stückzahlen hat abgenommen. Die Zeiten üppiger Margen, von denen die CE-Branche viele Jahre wie die Made im Speck lebte, sind ein für alle Mal vorbei. Hinzu kommt die derzeitige globale Wirtschaftskrise, die viele Player in die Knie zwingt.


Auch die Aussichten für das laufende Jahr sind alles andere als gut. Wie die Auguren von GfK voraussagen, soll der Schweizer Gesamt-CE-Markt heuer rund 7 Prozent weniger Umsatz generieren als 2008. Rund 2 Prozent weniger Einheiten werden über den Ladentisch gehen. IDC hat zudem Prognosen für das erste Quartal 2009 für den Schweizer Consumer-PC- und Notebook-Markt abgegeben. Demnach soll der Absatz von Consumer-PCs nach Stückzahlen hierzulande um 22,4 Prozent einsacken. Im Vergleich zum Vorquartal ist er bereits um 17,8 Prozent geschrumpft. Jener von Consumer-Notebooks ist im Quartalsvergleich um 17 Prozent geschrumpft, soll aber im ers­ten Quartal laut IDC um 19,9 Prozent zulegen.

Retail gibt sich entspannt

Während der Fachhandel teilweise nicht wirklich optimistisch ins Geschäftsjahr 2009 schaut und sich auf katastrophale und stressige Monate einrichtet - mit Ausnahmen, wie das Interview auf Seite 20 zeigt - gibt sich der Schweizer Retail noch sehr gelassen. IT Reseller hat die grossen Vertreter Migros, Media Markt, Interdiscount und Fust zur Lage im Schweizer CE-Markt befragt. Kurioserweise sind momentan offensichtlich alle Marktteilnehmer dabei, im laufenden Jahr Marktanteile zu gewinnen. Zudem fühlt sich jeder besser gewappnet als die Konkurrenz. Ist das Zweckoptimismus oder getrübter Blick durch eine rosa Brille? «In Zeiten von Wirtschaftskrisen profitieren die Discounter, deshalb sind wir guten Mutes», sagt Joos Sutter, Leiter Interdiscount, gegen­über IT Reseller. Interdiscount ist mit den Geschäften in den letzten Monaten zufrieden. «Kumuliert liegen wir 2009 über den Vorjahreswerten und unsere Lagerqualität ist sehr gut», so Sutter. «Bis jetzt sind wir mit den Umsätzen zufrieden und spüren die Wirtschaftskrise noch nicht», sagt auch Manuela Tröndle, Assistentin des CEO bei Media Markt. Da die Media-Markt-Gruppe Schweiz zur börsenkotierten Metro gehört, gibt der Retailer keine Auskunft über seine Strategie in Wirtschaftskrisen und auch keine Prognosen oder Zahlen ab, fügt Tröndle an.

Bei genauerem Nachfragen räumt ­allerdings auch der Retail ein, dass es schon bessere Zeiten gab. So sei ein leichter Rückgang in den vergangenen Wochen spürbar, relativiert der Interdiscount-Chef. «Mit Ausnahme des TV-Geschäfts, das sich mit dem ausserordentlichen Vorjahr bedingt durch die Fusball-EM erklärt, spüren wir bisher wenig von der vielzitierten Wirtschaftskrise», gibt sich auch Sabine Weber, Assistentin des Unternehmensleiters bei Fust, optimistisch. Kunden, die Wert auf ­eine kompetente Beratung und einen funktionierenden Liefer-, Installations- und Reparatur-Service legen würden, seien in der Regel auch loy­aler als die Schnäppchen-Jäger, heisst es. «Da wir uns vor allem auf die Full-Service-Kunden ausrichten, sind wir im aktuell etwas schwierigeren Umfeld besser gewappnet», konstatiert Weber.


«Tatsächlich reduziert sich im CE-Markt Schweiz der wertmässige Umsatz bei steigenden Mengen», gibt Migros-Mediensprecherin Monika Weibel unumwunden zu. Da M-Electronics seit Jahren für ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis stehe, spüre man diese Auswirkungen jedoch weit weniger als andere Marktteilnehmer, die sich ausschliesslich auf eine Preiskommunikation ohne Mehrwert konzentriert haben, schwächt Weibel nachführend gleich wieder ab. Da zudem die Logis­tik auf maximale Effizienz ausgelegt sei, habe man auch keine überfüllten Lager: «Bisher sind die Auswirkungen auf den Detailhandel in der Schweiz weniger gravierend als in anderen europäischen Ländern.»

Keine Angst vor Lidl

Kürzlich ist Lidl nach Aldi als zweiter deutscher Discounter in den Schweizer Markt eingestiegen. Der Online-Shop von Lidl ist hinsichtlich CE mit PCs, Notebooks, Digicams, Zubehör, Musikanlagen und LCD-TVs zu relativ günstigen Preisen recht gut bestückt. Der ansässige Retail fürchtet die neue Konkurrenz allerdings nicht: «Wie alle neuen Marktteilnehmer muss sich auch Lidl zuerst beweisen», sagt Weibel. Erste Analysen des Lidl-Pricings hätten bisher eher ernüchternde Resultate zutage gebracht. «Die meisten Teilbereiche des UE- und IT-Marktes sind markengetrieben und bekannte und bewährte Eigenmarken sind bestens etabliert», erklärt Weibel. «Ob und wie sich Lidl hier behaupten wird, bleibt abzuwarten. Wir sind gerüstet.»


Im Segment, in dem Fust tätig ist, erwartet der Retailer keine Auswirkungen, sagt auch Weber. Fust will weiterhin die Bemühungen von Markenherstellern, die nicht in solch schlecht qualifizierten Kanälen verkaufen, aktiv unterstützen. «Wir stellen erfreulicherweise fest, dass bei einigen Herstellern diesbezüglich ein Umdenken stattfindet und Anstrengun­gen im Gang sind, qualitativ hochwertige Produkte nicht mehr über reine Discount-Kanäle zu vertreiben», so Weber. «Interdiscount kalkuliert mit knappen Margen und rechnet deshalb nicht mit einer Verschärfung des Konkurrenzumfeldes», sagt Sutter von Interdiscount abschliessend.

Wo liegt der Umsatz?

Bereits 2008 war der CE-Markt relativ gesättigt. GfK geht je nach Warensegment von Umsatzeinbussen zwischen 5 und 20 Prozent aus. Am schlimms­ten soll es dabei die Warengruppen portable Audiogeräte, Aufnahmeme­dien, Digital Imaging und Camcorder treffen. Das einzige Segment, in dem es laut GfK 2009 noch ein Umsatzplus (11%) geben soll, ist das Zubehör-Segment. Nach Stückzahlen soll es um 1,1 Millionen oder 7 Prozent zulegen. Doch womit macht der Retail nun Umsatz? «Zur Zeit generieren wir in allen Bereichen gute bis zufriedenstellende Umsätze. In vielen Teilbereichen gewinnen wir Marktanteile», sagt dazu Monika Weibel von M-Electronics. «Wie bereits im Jahr 2008 sind die stärksten Warengruppen Notebooks, Flatscreens und Spielkonsolen», fügt Sutter von Interdiscount an, was auch Tröndle von Media Markt bestätigt.


Auch bei Fust verkaufen sich TVs, Notebooks, Netbooks sowie Handys in höheren Stückzahlen als im Vorjahr. «Leider ist der Durchschnittspreis in den meisten Produktgruppen stark unter Druck. Zahlreiche Produktneuheiten werden von den Herstellern viel zu günstig im Markt lanciert. Die CE- und IT-Branche gräbt sich so gewissermassen selbst das Wasser ab», meint Weber kritisch. Es mache eigentlich keinen Sinn, neue Produkte mit besserem Nutzen und mehr Features günstiger als die Vorgänger zu lancieren.

Die Prognosen für 2009

Interdiscount geht für 2009 von einem Marktanteilsgewinn aus, sagt Sutter. Auch Fust erwartet für 2009 keine gravierenden Auswirkungen auf den Konsum, so lange die Arbeitslosigkeit in der Schweiz immer noch verhältnismässig gering bleibe. «Am einfachsten würden sich sinkende Umsätze mit höheren Durchschnittspreisen kompensieren lassen», sagt Weber. «Hier ist die ganze Wertschöpfungskette gefordert, angefangen vom Hersteller über die Distribution bis zum Detailhandel. Es ist auch unverständlich, dass einzelne Detailhändler Dienstleistungen, für die Kunden bereit sind, etwas zu bezahlen, einfach verschenken.» Fust erwartet, dass der Gesamt-CE- und IT-Markt hierzulande im laufenden Jahr wertmässig je nach Produktkategorie 10 bis 20 Prozent rückläufig sein wird. Bei TVs und PCs würden die Absatzzahlen zwischen 5 und 10 Prozent unter dem Vorjahr liegen. Zwar seien aufgrund der noch ungewissen Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Schweiz die Prognosen über das laufende Geschäftsjahr schwierig, lässt Weibel von der Migros verlauten. Grundsätzlich geht man bei M-Electronics aber davon aus, dass man sich sehr gut im Markt behaupten werde. «Die Prognose von GfK wird nicht in Zweifel gezogen», sagt Weibel, «auch wenn sie doch etwas gar pessimistisch ausfällt.» (Susann Klossek)


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