PC-Markt: Es gibt noch Hoffnung

Während 2014 aufgrund einiger Faktoren ein relativ gutes Jahr für den hiesigen PC-Markt war, fällt das Fazit für 2015 durchwachsen aus. Es gibt aber Hoffnung.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2016/04

     

2015 war für den Schweizer PC-Markt ein schwieriges Jahr. Schuld daran ist primär 2014, das laut Einschätzung der IDC-Analystin Chrystelle Labesque ein gutes Jahr für den Schweizer PC-Markt war. «2014 war europaweit vom Ende des Windows-XP-Supports geprägt, das dazu geführt hat, dass viele Unternehmen ihre PCs ersetzt haben», führt sie im Gespräch mit «Swiss IT Reseller» aus. Zudem hätten rund vier Jahre nach der Einführung von Windows 7 viele Rechner in Unternehmen das Ende ihres Lebenszyklus erreicht und seien deshalb 2014 durch neue Geräte abgelöst worden. Und im Consumer-Umfeld führt Labesque die Microsoft-Bing-Promotion an, die den PC-Markt 2014 beflügelt hat. «Diese Promotion hat dazu geführt, dass viele Hersteller in der Lage waren, Notebooks zu tiefen Preisen – sprich für rund 300 Franken – auf den Markt zu bringen», so die Analystin.
Allerdings hatte diese Bing-Promotion auch ihre Schattenseite, die aber erst 2015 ersichtlich wurde und dazu beigetragen hat, dass das vergangene Jahr für den hiesigen PC-Markt eher schwierig war. «Die Bing-Promotion von Microsoft, die bis im Januar 2015 lief, hat leider dazu beigetragen, dass sich viele Hersteller etwas überschätzt und grosse Lagerbestände aufgebaut haben. Diese Lagerbestände abzubauen, dauerte bei vielen Herstellern bis im September 2015. Waren also das zweite und dritte Quartal 2014 durch die Promotion stark, fielen die gleichen Quartale 2015 eher schwach aus», erklärt Labesque.

Paradigmenwechsel beim OS-Update

Ein weiterer Faktor, der 2015 einen grossen, negativen Einfluss auf den hiesigen PC-Markt hatte, war der starke Schweizer Franken. «In einigen Quartalen 2015 war es hierzulande günstiger, in Euro einzukaufen. Viele Hersteller haben deshalb Massnahmen getroffen, um zu vermeiden, dass die Kunden im nahen Ausland einkaufen, und haben etwa die Preise gesenkt», so Labesque. Und schliesslich habe die Lancierung von Windows 10 zu einem Paradigmenwechsel geführt. Musste man bei der Installation von Windows 7 oder 8 noch die Hardware erneuern, weil die Anforderungen etwa an CPU und Memory gestiegen waren, war dies bei Windows 10 kein Thema. «Man kann einen zwei Jahre alten Desktop ohne Problem auf Windows 10 upgraden. Früher bedingte die Lancierung einer neuen Betriebssystem-Version oftmals auch eine Erneuerung der Hardware. Windows 10 war ein Software-Upgrade und kein Hardware-Upgrade, entsprechend sind die Budgetanforderungen geringer», so die Analystin.
Ebenso habe die weltweit verschlechterte Wirtschaftslage in der zweiten Hälfte 2015 dazu geführt, dass viele Unternehmen ihre IT-Investitionen überdacht haben. Und Labesque ergänzt: «Früher haben viele Unternehmen im vierten Quartal ihr Restbudget ausgegeben, weshalb das letzte Quartal im Jahr volumenmässig jeweils gut war. Das war 2015 nicht so.»
Alle diese Umstände haben schliesslich dazu geführt, dass hierzulande im vergangenen Jahr mit einem Verkaufsvolumen von rund 1,45 Millionen Geräten 12,6 Prozent weniger PCs abgesetzt wurden als noch 2014. Unterteilt nach Consumer- und Commercial-PCs – sprich Business-Geräten – offenbart sich, dass im Commercial-Segment der Rückgang etwas unter dem Marktdurchschnitt lag, während die Abnahme im Consumer-Umfeld darüber lag. So wurden 2015 660'000 Consumer-PCs verkauft, was 15,1 Prozent weniger sind als noch im Vorjahr. Im Commercial-Umfeld wurden derweil 785'000 PCs abgesetzt – 10,4 Prozent weniger als 2014. Dabei waren die grössten Hersteller im Commercial-Bereich 2015 HP, Lenovo und Dell. «Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Apple im Consumer-Feld sehr stark war», so Labesque.

HP schlägt sich trotz Aufspaltung tapfer

Angeführt wurde der hiesige Gesamt-PC-Markt 2015 wie bereits im Vorjahr von HP, das 461'000 Rechner absetzen konnte und damit einen Marktanteil von 31,9 Prozent hält. Allerdings büsste HP im Vergleich zu 2014 14,2 Prozent ein, wurden damals doch noch 537'000 PCs verkauft. Damit ist HP der einzige Hersteller in den Top 3, der 2015 einen Rückgang verbuchen musste, konnten doch sowohl Apple auf dem zweiten Platz als auch Lenovo auf Rang 3 zulegen. Apple verkaufte 2015 280'000 PCs und kommt damit auf einen Marktanteil von 19,4 Prozent, während Lenovo mit 216'000 abgesetzten Rechnern 15 Prozent Marktanteil hält.
Besonders erwähnenswert ist laut Labesque dabei auch, dass sich das Marktvolumen der Top-3-Hersteller von 60 Prozent in 2014 auf 66 Prozent in 2015 erhöht hat: «Die Marktkonsolidierung in der Schweiz ist also in vollem Gange und die Top-Hersteller gewinnen immer mehr Gewicht.»

Und obwohl HP als einziger Hersteller der Top 3 verloren hat, glaubt Labesque nicht, dass das Unternehmen etwas falsch gemacht hat: «Trotz der Aufspaltung war HP 2015 sehr fokussiert und hat erfolgreich viele neue Produkte eingeführt. Zudem war HP 2014 einer derjenigen Hersteller, die sehr stark vom Support-Ende von Windows XP sowie vom Erneuerungszyklus profitiert haben, weswegen 2015 im Vergleich eher schwierig war.» Nicht zuletzt sei es schwierig, den Marktanteil zu verteidigen, wenn man bereits einen hohen Anteil habe. «HP hält in der Schweiz noch immer rund 31 Prozent Marktanteil. Das ist zwar keine dominierende, aber eine sehr starke Marktposition», so das Fazit von Labesque.
Den Erfolg von Apple erklärt die Analystin wenig überraschend damit, dass die Schweiz ein Markt ist, in welchem die Attraktivität der Apple-Produkte geschätzt wird und gut ankommt. «Apple ist trotz aller Schwierigkeiten, die andere Hersteller haben, hierzulande dank seines Images und seines Lifestyles, den es vermittelt, gut positioniert», so Labesque. Lenovo fährt derweil mit seiner Strategie, Marktlücken zu erschliessen, sehr gut, führt sie weiter aus: «Lenovo schaut in jedem Markt, wo Potential vorhanden ist, wie man dieses nutzen könnte und arbeitet dann systematisch an dessen Erschliessung. Dabei handelt es sich dann meist um einen Mix von Consumer- und Commercial-Elementen.» Dass Lenovo in den vergangenen Jahren so stark gewachsen sei, hänge aber auch mit dem sehr niedrigen Niveau zusammen, von welchem der chinesische Hersteller gestartet sei. Wachstumspotential ortet die IDC-Analystin für Lenovo vor allem im Commercial-Desktop-Bereich, zudem hat der Hersteller im Consumer-Umfeld Gaming-Produkte angekündigt und will hier Fuss fassen und so Marktanteile gewinnen. «Aber um ehrlich zu sein: Gaming ist ein ganz kleiner Teil des Consumer-Marktes und ist für Hersteller insofern interessant, als dass die Durchschnittspreise deutlich höher sind als bei den restlichen Notebooks und Desktops», so Labesque.

Desktops haben es am schwersten

Betrachtet man den Desktop-Bereich im gesamten Schweizer PC-Markt, so zeigt sich, dass insbesondere für dieses Segment 2015 ein schwieriges Jahr war. So wurden im Vergleich zu 2014 satte 20,5 Prozent weniger Desktops verkauft. Insgesamt gingen im vergangenen Jahr 505'000 Desktops hierzulande über den Ladentisch, während es 2014 noch 635'000 waren. Unterteilt nach Consumer- und Commercial-Desktops ist es wenig überraschend so, dass der Rückgang im Commercial-Umfeld weniger stark ausfiel als im Bereich Consumer. 333'000 der total 505'000 verkauften Desktops wurden 2015 im Commercial-Umfeld abgesetzt – 17,2 Prozent weniger als 2014. Im Consumer-Umfeld gingen die Verkaufszahlen derweil innert Jahresfrist um 26,2 Prozent auf 172'000 verkaufte Geräte zurück.
Zuoberst auf dem Thron sass auch im gesamten Desktop-Segment 2015 HP. Der Hersteller konnte dabei trotz rückläufiger Verkaufszahlen im Vergleich zu 2014 leicht Marktanteile gewinnen. So brachte HP 2015 hierzulande insgesamt 180'066 Desktops an den Mann – 17,7 Prozent weniger als 2014 – und hält einen Marktanteil von 35,7 Prozent – 1,2 Prozent mehr als 2014. Auf den weiteren Podestplätzen folgen Apple und Dell mit 66'242 (-14,8%) respektive 55'674 (-17,7%) verkauften Desktops und Marktanteilen von 13,1 respektive 11 Prozent. Nur auf den vierten Platz schafft es im Desktop-Segment Lenovo, mit 41'258 (-26,8%) verkauften Geräten und einem Marktanteil von 8,2 Prozent.

Notebooks besser als der Marktdurchschnitt

Im Segment Notebooks, zu welchem laut Definition von IDC Notebooks und Convertibles, aber keine Tablets und Detachables gehören, fiel der Verkaufsrückgang moderater aus als im Gesamt-PC-Markt und im Desktop-Bereich. So wurden hierzulande 2015 insgesamt 939'736 Notebooks abgesetzt, was 7,7 Prozent weniger waren als noch 2014. Unterteilt nach Consumer- und Commercial-Notebooks war 2015 einmal mehr für den Consumer-Bereich schwieriger. Hier wurden 10,4 Prozent weniger Notebooks verkauft, was in einer Verkaufszahl von 488'000 Consumer-Geräten resultiert. Der Rückgang im Commercial-Umfeld betrug derweil lediglich 4,6 Prozent, wobei 452'000 Business-Notebooks verkauft wurden. Auch im gesamten Notebook-Segment konnte HP 2015 seine Spitzenposition verteidigen. Während aber Apple und Lenovo auf den Plätzen zwei und drei ihren Notebook-Absatz innert Jahresfrist steigern konnten, büsste HP ein. Der Hersteller verkaufte 2015 mit 280'643 abgesetzten Notebooks 11,9 Prozent weniger als noch 2014 und kommt auf einen Marktanteil von 29,9 Prozent. Apple auf Platz zwei steigerte sich indes um 13,3 Prozent auf 213'971 verkaufte Notebooks und Lenovo legte um 22,9 Prozent auf ein Volumen von 175'101 Notebooks zu.

Weiterer Rückgang erwartet – mit Lichtblicken

Für 2016 prognostiziert Labesque einen weiteren Rückgang im gesamten hiesigen PC-Markt. Diese Aussage stützt sie unter anderem auf einen Trend, der seit 2008 dauert und auch noch weiter anhalten wird: «PCs werden in Unternehmen länger eingesetzt als früher. Dies trägt dazu bei, dass der Gesamtmarkt nicht wächst.» Wurden früher in Unternehmen Notebooks in der Regel nach drei Jahren und Desktops nach vier Jahren durch neue Geräte abgelöst, so hat sich dieser Zyklus bei beiden Segmenten um rund ein Jahr verlängert. Labesque begründet diese Entwicklung folgendermassen: «Mit der Krise in 2008 wurden die Budgets in den Unternehmen kleiner und zudem liefern die Hersteller heute eine solch gute Qualität und Performance mit ihren Rechnern, dass ein Austausch herausgeschoben werden kann.» Ebenfalls negativ auf den PC-Markt wirkt sich die enorme Gerätevielfalt im Consumer-Bereich aus. «Nebst dem klassischen Desktop und dem Notebook stehen dem Endanwender auch Smartphones, Tablets oder Wearables zur Verfügung», so Labesque. «Dabei haben die User aber meist nicht das Budget, alle ihre Geräte gleichzeitig oder regelmässig zu erneuern. Und es scheint, dass Smartphones diejenigen Geräte sind, die am liebsten und häufigsten ersetzt werden», ergänzt sie. Zudem brauche man gerade Desktops durch die Gerätevielfalt weniger regelmässig als früher, da man auch mit dem Smartphone oder dem Tablet E-Mails verschicken und im Internet surfen könne.
Dabei will Labesque aber kein komplett düsteres Bild malen. «Der traditionelle Tower-Desktop wird weiter verlieren. Aber etwa All-in-One-Geräte sind bereits in den vergangenen zwei Jahren in der Schweiz gut aufgenommen worden. Diese Kategorie wird voraussichtlich leicht wachsen, auch weil ein AiO im Wohnzimmer einfach schöner aussieht als ein klassischer Desktop», so die Analystin. Bei den Notebooks werden Convertibles – mit drehbarem Display, die auch als Tablet genutzt werden können – als attraktiv eingeschätzt, ebenso wie ultradünne Notebooks. So wird der Gesamt-Notebook-Markt zwar weiter schrumpfen, die Kategorien Convertibles und Ultraslim-Notebooks dürften in den nächsten Jahren aber zulegen – auch wenn diese Geräte aktuell noch relativ teuer sind im Vergleich zum klassischen Notebook. (abr)

Kommentare
Klar surfen kann man auch mit einem kleinen Smartphone. Aber wirklich einen überblick verschaffen oder verschiedene Angebote vergleichen können Sie immer noch am besten mit einem PC mit grossem 26 Zoll Monitor. Es ist klar da es gewisse Kunden gibt die kein Notebook oder Desktop mehr brauchen. Das ändert sich aber schlagartig wenn man z.B Bewerbungen schreiben muss oder eine Versicherung abschliessen möchte schnell einscannen und zurück senden. Für das brauchts einen PC, daran wird sich auch in 10 Jahren nichts ändern. Auch wenn man dann ein Smartphone an einen Monitor anschliessen kann, eine Tastatur ist immer noch am schnellsten zum Schreiben. Dann kann man sich gleich ein Desktop oder ein Notebook hinstellen, denn Platz brucht der Monitor ja sowieso.
Donnerstag, 14. April 2016, Patrick



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